FRIEDENSGESPRÄCHE 2: LESUNG & DEBATTE
Seit über eineinhalb Jahren herrscht Krieg in der Ukraine. Um über diese ausweglos erscheinende Situation im gemeinsamen Austausch zu bleiben, luden der Verein Kunst & Demokratie und das COMMUNITYartCENTERmannheim am 1. November 2023 zu einer bewegenden Veranstaltung ein, die eine Lesung und ein Debattenspiel miteinander verband.
Machen wir uns schuldig, wenn wir Waffenlieferungen verwehren? Was erleben Minderheiten im Krieg und auf der Flucht? Und welche Perspektiven gibt es für die Zeit nach dem Krieg, so weit entfernt sie auch scheint? Zu Beginn des Abends verlasen die Künstlerin Annette Dorothea Weber und der Künstler Mathias Wendel Zitate und Texte zu Krieg und Frieden, die unterschiedliche Perspektiven auf den Ukrainekrieg widerspiegeln und viele Fragen aufwerfen. Eindrucksvoll lud das Format zu einer Auseinandersetzung mit dem Thema ein, die mit dem Modus des alltäglichen Scrollens durch Nachrichtenseiten bricht.
Hier geht es zur Lesung
Nach der Lesung beginnt das Debattenspiel: Sechs Menschen stehen in der Mitte des Raumes und sprechen miteinander über den Krieg. Es sind Menschen aus unterschiedlichen beruflichen Sphären, aus der Kunst, Menschenrechtsarbeit, Politik. Unter der Moderation von Dr. Pia Gerber, Initiatorin des Vereins „Kunst und Demokratie“ und Tobias Frindt, Leitung des COMMUNITYartCENTERmannheim, äußern sie sich zu verschiedenen Aussagen über den Krieg, beispielsweise zur Frage der Notwendigkeit von Waffenlieferungen. Inspiriert von der ZDF-Sendung „13 Fragen“ positionieren sie sich dabei nicht nur inhaltlich, sondern auch entlang von auf dem Boden aufgebrachten Feldern zueinander im Raum.
Die Teilnehmenden ringen mit ihren Gedanken und Emotionen. Mal widersprechen sie sich leidenschaftlich und laufen voneinander weg, mal stimmen sie sich zu und stehen nah beieinander. Niemand ist direkt vom Krieg betroffen, aber alle beschäftigen die dadurch aufgeworfenen Fragen und Gefühle.
Eine Teilnehmerin sagt, sie hat gerade keine große Hoffnung auf Frieden, ein anderer appelliert: „Die Hoffnung ganz aufzugeben geht nicht“. Besonders berühren die biografischen Bezüge, die zutage treten. So berichtet einer der Teilnehmer von Kindheitserinnerungen an die Berichterstattung zur Niederschlagung des Prager Frühlings. Und eine Teilnehmerin mit serbischen Wurzeln erinnert an den Jugoslawienkrieg, der nicht nur in den Häusern, sondern auch in vielen Biografien Einschusslöcher hinterlassen hat.
Immer wieder wird deutlich, welch kostbares Gut Frieden ist – auch wenn die Teilnehmenden unterschiedliche Perspektiven darauf haben, wie dieser in der Ukraine geschaffen werden kann. Im Dialog miteinander, aber auch darin, dass diese Perspektiven nebeneinanderstehen dürfen, liegt die Kraft des Abends. Diese ist auch in den vielen Gesprächen spürbar, die im Nachgang zwischen Teilnehmenden des Debattenspiels und dem Publikum entstehen.